Erfolgreich in High-Growth-SaaS investieren – #1: Die Gross Margin
Einfach erklärt am Beispiel der aktuellsten DataDog-Quartalszahlen
Viele starke Software-as-a-Service-Aktien sind um -70 % gefallen.
Das sollten sie nicht.
Ein Grund: Außergewöhnliche Margen.
Heute lernst du, warum die Gross Margin (Bruttomarge) so wichtig ist und wie du sie bei SaaS-Unternehmen interpretierst. So kannst du diese besser verstehen und bewerten.
Anhand der neuesten DataDog-Quartalszahlen (Ticker: DDOG 0.00%↑) sprechen wir über weitere wichtige Aspekte:
Wofür der Gross Profit (Bruttogewinn) eigentlich eingesetzt wird: R&D, S&M und G&A.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen GAAP und Non-GAAP?
Und, wieso der tatsächliche Bruttogewinn höher ausfallen kann, als die offiziellen Zahlen vermuten lassen.
Warum die Gross Margin so wichtig ist
Kleinanleger und Kleinanlegerinnen legen sich gerne Aktien von Unternehmen ins Depot, die sie kennen oder deren Produkte selbst nutzen. Das ist beispielsweise ein Autohersteller.
Der Nachteil: Häufig machen diese Aktien langfristig keinen Spaß, da ihre Kurse abwärts oder seitwärts laufen.
Ein Grund: Niedrige Margen.
Die Lösung: Wer langfristig glücklich ins Depot schauen möchte, sollte einen kurzen Blick in das Income Statement bzw. die Gewinn- und Verlustrechnung werfen.
Was du sehen möchtest? Hohe Margen.
Warum?
Hohe Gewinnspannen spiegeln die Stärken des Unternehmens wider.
Sie weisen auf innovative Geschäftsmodelle und starke Marken hin.
Bei Bedarf kann das Unternehmen jederzeit die Preise senken und die Wettbewerber unter Druck setzen.
Sie können hohe Margen Burggräben reflektieren.
Unternehmen mit hohen Margen können wesentlich mehr Gewinn erwirtschaften.
Dass SaaS-Unternehmen außergewöhnliche Margen generieren, liegt an der Natur der Sache: Die Entwicklung einer Software benötigt beispielsweise keine Fabrikhallen, in denen üblicherweise Autos zusammengebaut werden.
Hohe Margen sind also genau das, was du als Investor oder Investorin sehen willst.
Die besten SaaS-Unternehmen erzielen eine Gross Margin von 90 %
Das bedeutet: Von $100M Revenue (Umsatz) stehen dem Unternehmen nach Abzug der Cost of Revenue (auch Cost of Goods sold genannt) ganze $90M zur Verfügung.
Cost of Revenue stellt die direkten Kosten dar, die mit den vom Unternehmen angebotenen Waren und Dienstleistungen verbunden sind. Ein Autohersteller muss beispielsweise viele Einzelteile einkaufen, bevor das Auto zusammengebaut wird. Das bleibt dem Software-Unternehmen größtenteils erspart.
Die $90M, die also nach dem Abzug von Cost of Revenue übrig bleiben, ist der Gross Profit (Bruttogewinn).
Und der Gross Profit geteilt durch den Revenue ist die Gross Margin
Rechnung: $90M / $100M * 100 = 90 %
Gar nicht so schwer, oder?
Wofür der Gross Profit eingesetzt wird
Ein Großteil der $90M wird dann für Investitionen in das eigene Geschäft verwendet:
Research & Development (R&D): Hier investiert das Unternehmen in die Weiterentwicklung der Software und anderer Produkte.
Sales & Marketing (S&M): Um den Markt so schnell wie möglich für sich zu gewinnen.
General & Administrative (G&A): Miete, einige Gehälter, Vergünstigungen für Mitarbeiter:innen, Bürobedarf und vieles mehr fällt in diesen Topf.
Die Summe dieser drei Positionen nennt sich Operating Expenses (Betriebskosten).
Am Beispiel von DataDog’s letztem Quartalsbericht Q3 2022 kannst du diese Ausgaben nachvollziehen:
86 % des Umsatzes ($374M) verwendete DataDog in Q3 2022 für diese drei Posten. Das ist ordentlich!
GAAP vs. Non-GAAP und Stock-based compensation
Doch die tatsächlichen Ausgaben sind niedriger: Denn es handelt sich um Zahlen nach dem Accounting Standard GAAP. Nach diesem müssen Unternehmen in den USA berichten.
Deshalb fügen Software-Unternehmen den Quartalsberichten inoffizielle Non-GAAP-Zahlen hinzu. Sie zeigen, wie sich die Ausgaben tatsächlich gestalten:
In den $374M Operating Expenses sind $101M Aufwände aus Stock Based compensation (SBC, deutsch: Aktienbasierte Vergütung), enthalten:
Tech-Unternehmen bezahlen ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, zusätzlich zu ihrem üblichen Lohn, auch in Form von Aktienpaketen. SBC also.
Vorteile
Spart den Unternehmen bares Geld (da nicht Cash-wirksam).
Bindet Top-Talente, da Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am Unternehmenserfolg teilhaben und somit wahrscheinlich dabei bleiben und unternehmerischer denken und handeln.
Nachteile
Je mehr SBC dauerhaft ausgegeben wird, desto weniger werden alle Unternehmensanteile wert. Auch deine. Deshalb solltest du SBC im Auge behalten.
Gerät das Unternehmen aus internen Problemen unter Druck, beispielsweise fällt die Geschäftsführung schlechte Entscheidungen, dann sinkt der Aktienkurs. Das wird den Angestellten nicht gefallen, denn ihre Aktienpakete sind dann weniger wert. Und das führt zu Unzufriedenheit → potenzielle Kündigungen seitens der Talente.
Grundsätzlich: Wird SBC als Instrument richtig eingesetzt, und das Unternehmen die richtigen Entscheidungen fällt, dann ist das gut für die Motivation und damit für das Business.
Das bedeutet für DataDog: Tatsächlich steht ihnen $101M mehr zur Verfügung, als man den GAAP-Zahlen entnehmen würde.
Doch selbst wenn dem nicht so wäre, ändert es nichts daran, dass DataDog eine Gross Margin von knapp 80 % erzielt:
$342.934 Gross profit / $436.533 Revenue * 100 = 79 % Gross margin.
Und diese 79 % können dann für R&D, S&M, G&A und weitere Investitionen verwendet werden.
Das Beste: Viele SaaS-Unternehmen könnten auch nach dem GAAP-Standard jederzeit Gewinn machen – wenn sie wollten. Indem sie beispielsweise die Ausgaben für das Marketing etwas herunterfahren.
Optimalerweise sollten sie das als Wachstumsunternehmen nicht tun. Denn wir, Investoren und Investorinnen, wollen Wachstum sehen. Gute SaaS-Unternehmen sind also lange nicht so riskant und verlustreich, wie man es als Außenstehender wahrnehmen mag.
Achtung: Eine Investition in SaaS-Unternehmen ist keine Garantie für Erfolg. Auch im SaaS-Sektor muss man die Spreu vom Weizen trennen.
Übrigens: DataDog ist nach dem Non-GAAP-Standard bereits profitabel.
Vergleich: High-Growth-SaaS vs. konventionelles Unternehmen
Abschließend findest du eine visuelle Gegenüberstellung der Entwicklung des Gross Profits zwischen einem High-Growth-SaaS-Unternehmen und einem konventionellen Unternehmen. Meine Annahmen:
Die Gross Margin:
Das konventionelle Unternehmen, zum Beispiel ein Autohersteller, erreicht üblicherweise eine Gross Margin von 20 %.
Das SaaS-Unternehmen erreicht eine Gross Margin von bis zu 90 %.
Revenue Growth (Umsatzwachstum):
Das konventionelle Unternehmen wächst üblicherweise nicht so stark wie ein SaaS-Unternehmen. Dennoch habe ich angenommen, dass das konventionelle Unternehmen jedes Jahr stattliche 40 % Umsatzwachstum, ohne einen Rückgang des Umsatzwachstums, zu verzeichnen hat.
Das SaaS-Unternehmen startet in Jahr 1 mit 70 % Umsatzwachstum und erreicht in Jahr 5 nur noch 30 % Umsatzwachstum. Unfairerweise, für das SaaS-Unternehmen, nehme ich hier also einen stetigen Rückgang des Umsatzwachstums an.
Sehen wir uns an, wie sich der Gross Profit auf Jahresbasis entwickelt hat:
Wow😮! Der Vergleich veranschaulicht deutlich, warum SaaS-Unternehmen die traditionellen Geschäftsmodelle weit hinter sich lassen.
Dem konventionellen Unternehmen bleiben im fünften Jahr $77M. Dem SaaS-Unternehmen stehen dagegen $393M, also 5x mehr (!), für Investitionen in Sales & Marketing, die Weiterentwicklung des Produktes und anderes zur Verfügung. Trotz des Umsatzwachstumsrückgangs beim SaaS-Unternehmen.
Dank der starken Gross Margin haben SaaS-Unternehmen also einen starken Vorteil, was unter anderem ein Grund für die höhere Bewertung ist.
Kurz zusammengefasst
Achte bei der Bewertung von High-Growth-SaaS-Unternehmen hinsichtlich der Gross Margin auf diese Aspekte:
Gross Margin > 70 %. Noch besser: Hohes Wachstum + hohe Gross Margin = Win
Betrachte primär die Non-GAAP-Zahlen, um die Fundamentaldaten realistisch einschätzen zu können.
Stock-based compensation ist ein positives Instrument, solange es richtig eingesetzt wird.
R&D sowie S&M dürfen bei jungen SaaS-Unternehmen gerne höher ausfallen - jeweils bis zu 40 % des Umsatzes. Denn so investiert das Management ordentlich in das Zukunftswachstum durch innovative Produkte und starkes Marketing.
Weitere wichtige Metriken und Aspekte von High-Growth-Software-Unternehmen wie beispielsweise DBNRR, Revenue-Model, Burggräben und TAM werde ich in einem späteren Newsletter beleuchten. Stay tuned!
Du hast noch nicht genug? Dann lies hier weiter:
Happy Investing!
Dieser Artikel ist nur für informative Zwecke und stellt keine Anlageberatung dar. Details findest du im Haftungsausschluss.
Wieso sollten SBC's den Wert verringern? Bei Ausgabe von Optionen werden ja keine neuen Aktien ausgegeben sondern ein Wertpapier der das Recht gibt die Aktie zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem bestimmten Kurs zu kaufen